(veröffentlicht Frühjahr 1998)
Leih mir Deine Lungen,
Meine kollabieren.
Hülle mich in Decken,
Hände, Füße frieren.
Leih mir Deine Augen,
Bilder neu zu sehen.
Leih mir Deine Ohren,
Stille zu verstehen.
Küsse meine Narben,
Wasche meine Wunden,
Gebe meiner Seele
Ruhe für Sekunden,
Jagen doch durch meine
Dunklen Schädelräume
Phantasiedämonen
Ruheloser Träume.
Wo vor offnen Gräbern
Grüne Flammen brennen,
Totengräber Köpfe
Von den Leichen trennen,
Kreuze in den Kirchen
Grau zu Staub zerfallen,
Ölgemälde brennen
In den Marmorhallen,
Neonlichterschreie
Und Plakatefetzen
Über roten Asphalt
Toter Straßen hetzen.
In Gesichter leere
Münder Fratzen reißen,
Kalte Gesten Ketten
Um die Kehlen schweißen.
Blicke in Kloaken
Und Kanäle stürzen,
Rattenblut verrostet
An den Fleischerschürzen.
Von den Türmen tönen
Dumpf und schwer Fanfaren.
Taube Leiber sich um
Grelle Götzen scharen,
Wo sie Augenlider
Mit Benzin betünchen,
Dass die Streichholzfunken
Zukunftsträume lynchen.
Roter Kobold feiert
Dort Hyänenmessen,
Wo die blinden Jünger
Herz der Wahrheit fressen.
Spitze Schmerzensschreie
In den Straßen sterben
Zwischen bleiglasbunten
Kirchenfensterscherben.
Unterm Trümmertuch aus
Weißer Totenstille
Klingt als Abgesang das
Zirpen einer Grille.